Intuitive Bewegung: Wohlfühlsport statt lästiges Kalorientracking

Jahrelang betrieb ich Sport wie eine Verrückte, um bei exzessiven Trainings die unzähligen Sünden meiner Ernährung auszugleichen. Dabei wurde jede verbrannte Kalorie peinlich genau mit einer App getrackt. Blöd nur, dass ich die Rechnung, mein Gewicht durch Joggen & Co. zu kontrollieren, ohne meinen Körper gemacht hatte: Ich nahm nämlich trotz schweißtreibender Torturen nicht ab, sondern ordentlich zu. 

Ich war schon immer eher der Typ „ganz oder gar nicht“. Eine Tendenz, die sich vor allem beim Sport schnell bemerkbar machte: Es gab Phasen, in denen machte mich allein der Gedanke an Bewegung müde. Und dann gab es jene Zeiten, in denen ich es maßlos übertrieb und sportsüchtig war. Ein ausgeglichenes Niveau an Bewegung kam für mich nie infrage, denn der Glaubenssatz „no pain, no gain“ hatte sich mir ins Gehirn gebrannt.

In den Phasen meiner Sportsucht bewegte ich mich ausschließlich mit dem Ziel, mein Gewicht zu kontrollieren. Ich glaubte, dass sich Bewegung anstrengend und ätzend anfühlen muss, um zu funktionieren. Dabei war ich so stark darauf fokussiert, mein Programm diszipliniert durchzuziehen, dass ich nicht bemerkte, wie ich in einen gefährlichen Teufelskreis abrutschte: 

Essanfall – exzessiver Sport – körperliche Erschöpfung – Essanfall 

Sport wurde für mich zu einer neuen Option, um Essanfälle zu kompensieren. Eine gesündere Alternative zum Erbrechen sozusagen. Doch so richtig schien auch diese Art von Ventil nicht zu funktionieren. 

Heute weiß ich: Mein rigides Sportprogramm war der aufrechterhaltende Faktor meiner Essproblematik. Ich redete mir immer wieder aufs Neue ein, meine Ausrutscher nur noch dieses eine Mal ausgleichen zu müssen, um endlich normal weiter leben bzw. essen zu können. Dabei ließ ich jedoch vollkommen außer Acht, dass der Druck, jedem Essanfall mit stundenlangen Sporteinheiten entgegenzuwirken, immens hoch war. Und zwar so hoch, dass ich neben meinem alternativen Ventil noch ein weiteres brauchte, nämlich erneute Essanfälle, um den Stress abzubauen. 

„No pain, no (weight) gain.“

Ich kam an einen Punkt, an dem ich es Leid war, mich zu bewegen und davon zuzunehmen. Gefrustet und erschöpft beschloss ich eine komplette Pause einzulegen, um zu sehen, was passiert.

Erstaunlicherweise fing die Waage mit Beginn meiner Sportpause an, stehen zu bleiben. Ich war hellauf begeistert und beschloss erst nach einiger Zeit, schrittweise kleinere Sporteinheiten in meinen Alltag zu integrieren. Zum einen, weil ich Bewegung grundsätzlich schon mag und zum anderen, weil sie mir im richtigen Maß – nach den Prinzipien der Intuitiven Bewegung verdammt gut tut. 

Du bewegst dich, wann und wie du es möchtest, mit dem alleinigen Ziel dich physisch und psychisch rundum wohlzufühlen. 

An dieser Stelle kommen in der Regel Einwände à la „Dann-beweg-ich-mich-ja-gar-nicht-mehr.“. Doch ähnlich wie beim Intuitiven Essen ist die Angst, in eine gewisse Einseitigkeit zu verfallen, erfahrungsgemäß nicht berechtigt. Genauso wie du beim Intuitiven Essen nicht Gefahr läufst, dich für den Rest deines Lebens nur noch von Schokokeksen zu ernähren, wird es dir bei einem intuitiven Sportverhalten auch nicht passieren, dass du nur noch im Bett herumkugelst. Balance is key – und genau danach strebt dein Körper auf lange Sicht – auch wenn es zunächst nicht danach aussehen mag! 

Intuitive Bewegung: Wenn der Wohlfühlfaktor im Vordergrund steht

  • Warum „Abnehmen“ nicht deine Intention sein sollte 

Hast du dich schonmal ernsthaft damit auseinandergesetzt, wie viele Kalorien sich durch Sport tatsächlich verbrennen lassen? All zu viele sind es nämlich gar nicht. Und selbst, wenn du dich wie verrückt sportlich betätigst: Dein Körper hat das Bestreben, bei starker körperlicher Betätigung das hart erarbeitete Defizit auszugleichen. Und nicht selten kann dieser Drang nach einem Energieausgleich zu Essanfällen führen. 

Im Vordergrund der intuitiven Bewegung stehen Spaß an der Sache und ein rundum Wohlgefühl. Zwei wichtige Faktoren, die dich nicht nur gut fühlen lassen, sondern auch verhindern, dass dein Sportverhalten lediglich zur nächsten Kompensationsmaßnahme und somit zu einem neuen Problemverhalten wird. 

  • Sport ist kein Mord

Welche Sportart würdest du auswählen, wenn es ausschließlich darum geht, dass du dich in deinem Körper so richtig wohlfühlen sollst? Würdest du noch immer sieben Tage die Woche ins Fitnessstudio rennen oder den ein oder anderen Besuch in der Muckibude durch etwas anderes ersetzen?

Setz dich mit dieser Frage intensiv auseinander und versuche gleichzeitig herauszufinden, welche Glaubenssätze und Überzeugungen dich davon abhalten, deinen Wohlfühlsport auszuüben. 

  • Wohlfühltiming: Finde heraus, was für dich funktioniert und was nicht! 

„Joggen auf nüchternen Magen am frühen Morgen verbrennt die meisten Kalorien!“ – Sollten derartige Weisheiten die Motivation deiner morgendlichen Laufrunden sein, obwohl du sie ehrlicherweise auf den Tod nicht ausstehen kannst, dann überdenke nochmal, ob sich nicht doch eine passendere Alternative finden lässt. Wie gesagt: Es geht nicht um die Kalorien, die du verbrennst, sondern um dein inneres Wohlgefühl. Und dazu gehört vor allem, dass du für dich herausfindest, was für dich funktioniert und was nicht. Bist du lieber morgens oder abends aktiv? Und wie viel Zeit kannst du wirklich aufbringen, ohne dass es in Stress ausartet? 

  • „Ganz oder gar nicht“ – Mentalität adé: Entscheide jeden Tag aufs Neue

Verabschiede dich von starren Konzepten und rigiden Trainingsplänen. Entscheide stattdessen jeden Tag aufs Neue, worauf du Lust hast und wie lang: Auspowern & Schwitzen im Fitnessstudio oder doch eher langsames Dehnen beim Yoga? Die Bedürfnisse deines Körpers verändern sich tagtäglich mit den Anforderungen deines Alltags. Schau also, dass dein Sport deine gegenwärtige Befindlichkeit sinnvoll ergänzt, statt unnötigen Frust zu verursachen. Sei flexibel, was Zeiten, Wegstrecken und Zeitintervalle anbelangt. Du musst nicht auf den Meter genau 6 km gejoggt sein oder exakt 25 Minuten aktiv gewesen sein, um an deinem Wohlfühlpunkt voll und ganz anzukommen. 

  • Pausen, Pausen und nochmals Pausen: Warum Ruhephasen so wichtig sind 

Dein Körper ist keine Maschine, die tagtäglich hohen physischen Anforderungen gewachsen ist. Zumindest nicht von null auf hundert. Deshalb ist es unglaublich wichtig, immer wieder Ruhephasen einzulegen, die es deinem Körper ermöglichen, sich zu regenerieren. Mir persönlich hat es sehr geholfen, pro Woche mind. 1-2 sportfreie Tage einzulegen. Und zwar so, dass diese auch bewusst eingehalten werden, egal, ob ich es an den Tagen zuvor geschafft habe, mich zu bewegen oder auch nicht. Sonntags ist für mich zum Beispiel strikter Ruhetag. Und damit habe ich bis jetzt wirklich gute Erfahrungen gemacht. 

Wichtig ist, dass du dich nicht irgendeinem Sport hingibst, sondern deinen Sport findest, der zu dir und deinen Bedürfnissen passt. Du wirst sehen, dass dank der intuitiven Bewegung ein lästiges und anstrengendes Thema, wahre Freude bereiten kann. 

Kalorienverbrauch oder Wohlfühlfaktor? Was steht für dich beim Sport im Vordergrund? Ich freue mich auf deine Meinung in den Kommentaren. 



Was dich auch noch interessieren könnte:

namastefranzi

Trackbacks & Pings

Comment on This Post

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert