Sommerdepression: Saisonales Stimmungstief trotz Schönwetter
Sommer, Sonne & das Gefühl etwas zu verpassen. Kaum zu glauben, doch sommerliche Temperaturen und ein strahlend blauer Himmel lösen nicht bei jedem automatisch Freudentaumel aus. Tatsächlich kämpfen gerade in der schöneren Jahreshälfte viele Menschen mit Selbstzweifeln, Gefühlen der Einsamkeit und Isolation. Ein Phänomen, das auch als Sommerdepression bekannt ist.
Dass viele Menschen gerade in den dunklen Monaten des Jahres unter Depressionen leiden, ist allseits bekannt. Saisonal bedingte Verstimmungen treten jedoch nicht nur im Herbst oder Winter auf: Auch der Sommer kann derartige Stimmungstiefs mit verursachen. Doch warum schlagen uns die langen Tage, mit hohen Temperaturen eigentlich so aufs Gemüt?
Viel Licht & die Angst etwas zu verpassen
Der Tag-Nacht-Rhythmus eines jeden Menschen wird von dem Schlafhormon Melatonin geregelt. Ein körpereigener Stoff, der ausschließlich bei Dunkelheit gebildet wird. Sobald es hell wird, stellt der Körper die Produktion ein und signalisiert dem Körper dadurch, wach zu werden und aufzustehen. In den Sommermonaten ist dieser natürliche Rhythmus durch die langen Tage und somit kurzen Dunkelphasen jedoch stark beeinflusst, was sich ungünstig auf den Erholfaktor unseres Schlafes auswirken kann.
Ein weiterer Grund, warum der Sommer für viele ein wahre Herausforderung darstellt: Das ständige Gefühl, etwas zu verpassen! Egal ob Freibad, im Café Sitzen mit Freunden oder durch die Gegend radeln: Kaum steigen die Temperaturen in die Höhe, scheinen wir alle dem Druck zu unterliegen, uns außerhalb der eigenen vier Wände aufhalten zu müssen. Hinzu kommt:
Der Zwang gut gelaunt zu sein
Sommer, Sonne und Sonnenschein stehen bei den meisten Menschen für Dauer-Gute-Laune und Glücklich-Sein. Dabei wissen wir längst, dass es nichts Unnatürlicheres gibt, als non-stop gut drauf zu sein. Oder etwa nicht? Doch damit nicht genug: Die Liste der sommerspezifischen Hürden ist längst noch nicht ausgeschöpft!
Selbstzweifel & die Konfrontation mit dem eigenen Körper
Während andere ins Freibad gehen, steht dir so gar nicht die Laune danach, das Haus zu verlassen? Viel lieber würdest du den Vorhang zuziehen und den Tag im Bett verbringen, denn allein der Gedanke daran, deinen Körper zu enthüllen löst bei dir einen Heulkrampf aus? I feel you.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie belastend die heißen Monate damals für mich waren, als ich gerade anfing, meinen emotionalen Hunger hinter mir zu lassen: Damals befand ich mich in einer Phase, in der ich zugenommen hatte. Eine Tatsache, die ich im Winter gut zu kaschieren wusste, doch mit Beginn der Badesaison fühlte ich mich auf einmal mit all meinen Selbstzweifeln und körperbezogenen Ängsten konfrontiert. Schließlich ist es bei Temperaturen jenseits der 30 Grad unvermeidlich, die dicken Schlabberpullis abzulegen. Die Kombination aus hohen Temperaturen und starken Selbstzweifeln führte letztendlich auch dazu, dass ich mich immer mehr zurückzog und weitere Essanfälle hatte, bis mir eines klar wurde:
Im Winter reden wir uns oft ein, dass wir unseren Körper akzeptieren. Im Sommer kommt dann der Reality-Check.
Tatsache ist: Nicht der Sommer und die hohen Temperaturen sind das Problem! Problematisch ist, dass wir uns im Winter gerne einreden, die Sache mit der Körperakzeptanz verstanden zu haben. In den heißen Monaten wird uns dann vor Auge geführt, dass das ausschließliche Tragen von sackiger Kleidung vielmehr ein Problemverhalten, als die Lösung des Problems darstellt.
Nutze deine Selbstzweifel als Chance für Wachstum
Auch wenn es sich nicht so anfühlen mag: Der Sommer arbeiten nicht gegen dich! Ganz im Gegenteil: Nimm diese warme Jahreszeit als Chance wahr, eine weitere Baustelle deiner Selbstakzeptanz anzugehen! Solltest du also gerade in einer sehr ähnlichen Situation sein und das Gefühl haben, den Boden unter den Füßen zu verlieren, dann nimm dir folgende Tipps zu Herzen.
Wie du deinem Sommer-Stimmungstief entgegenwirkst:
- Melatoninhaushalt positiv beeinflussen: Achte vor allem beim Schlafengehen darauf, ausreichend Dunkelheit ausgesetzt zu sein. Schau, dass der Lichteinfall so gering wie möglich ist und rüste eventuell deinen Rollladen (deine Vorhänge) nach, denn ausreichend Schlaf ist auch im Sommer die Basis für mehr Energie & Lebensfreude.
- Ausrichtung deiner Wohnung: Ist dir schonmal in den Sinn gekommen, dass die Ausrichtung deiner Wohnung einen unmittelbaren Einfluss auf deine Laune haben kann? Und damit meine ich jetzt nicht etwa Harmonielehren wie Feng Shui und dergleichen. Vielmehr geht es um den allgemeinen Lichteinfall: Ich persönlich bevorzuge tatsächlich Wohnungen, die nach Norden ausgerichtet sind, um den direkten Einfall des Sonnenlichts im Sommer zu vermeiden. Achte einfach mal darauf, was du persönlich magst: Sonne am Morgen, am Abend oder eventuell ganztägig Schatten? Beim nächsten Umzug liegt es in deiner Hand, wofür du dich entscheidest!
- Überschaubare Ziele stecken, um Überforderung zu vermeiden: Durch die gute Laune & Lebensfreude vieler Mitmenschen entsteht der Druck, auch endlich glücklich zu sein. Die Folge: Wir wollen am liebsten all unsere Probleme auf einmal anpacken! Die Essstörung soll weg, die Yogamatte muss wieder jeden Tag ausgerollt werden & am besten machen wir ab heute auch noch jeden Tag Sport, schlafen ausreichend und ernähren uns ausschließlich von gesundem Essen! So toll es sich in der Vorstellung anfühlen mag: Nur, weil die Sonne scheint, heißt das nicht, dass sich alle Probleme mit einem Wimpernschlag in den Griff bekommen lassen. Steck dir vielmehr realistische Ziele, die sich gut umsetzen lassen, um unnötigen Erwartungsdruck & Überforderung zu vermeiden.
- Date mit dir Selbst: Konfrontiere deine Einsamkeit gezielt, indem du dich ganz bewusst zu einem Date mit dir selbst entschließt. Setz dich mit einem netten Buch o.ä. in ein Café und genieß ein wenig ME-Time. Dadurch lernst du, dass du nicht zwangsläufig auf die Gesellschaft anderer angewiesen bist, um einen lauen Sommerabend zu genießen.
- Treffen mit Freunden: Auch wenn regelmäßige Dates mit dir selbst ein Muss sind: Treff dich ab und zu auch mal mit deinen Liebsten, um die langen Abende gemeinsam zu genießen. Wenn dir nicht danach ist, in Gesellschaft zu essen oder etwas trinken zu gehen, dann schlag doch vielleicht mal einen gemeinsamen Spaziergang vor? Dabei kann man sich wunderbar austauschen und zudem wirkt sich die sanfte Bewegung positiv aufs Gemüt aus.
- Yoga im Sonnenauf- oder Untergang: Eine tolle Idee jenseits von Freibädern und Cafés mit anderen Menschen in Kontakt zu treten sind Yogastunden im Studio oder auch im Freien. Achte lediglich darauf, die Praxis deinen Bedürfnissen und den Temperaturen anzupassen. Ideal sind Klassen am frühen Morgen oder auch Stunden, die bis in den Sonnenuntergang reichen.
- Shopping-Alarm – Kleide dich neu ein: Ich weiß: Vor allem das Thema Kleidung und „Haut zeigen“ ist im Sommer mit viel Angst verbunden. Doch dein Körper braucht gerade jetzt eine gehörige Extraportion #bodypositivity und Selbstliebe. Und was passt da besser, als die eigene Garderobe zu überdenken? Zudem werden wir durch ältere Kleidungsstücke oft daran erinnert, wie wir uns beim letzten Tragen (eventuell im letzten Jahr) gefühlt haben, was unter Umständen ein ungünstiger Vergleich sein kann. Deshalb: Gönn dir eine Shopping-Tour, auch wenn du Angst davor hast! Es ist unglaublich wichtig, dass du deinen Körper durch tolle und vor allem passende Kleidung wertschätzt. Vermeide also Kleidungsstücke, die deinen Körper lediglich verhüllen und statte dich viel lieber mit ein paar neuen Teilen aus, die dich wirklich wohl & sexy fühlen lassen. Und: Bikini ist nicht gleich Bikini! Auch im Bereich der Bademode gibt es heutzutage unzählige Optionen, sodass sich ein Blick in die Läden definitiv lohnt. Du wirst sehen, dass ein paar neue Teile einen riesigen Unterschied machen können!
- Den Rollladen mal bewusst unten lassen: Hör auf, dir einzureden, dass du die pralle Sonne jeden Tag und zu jeder Zeit genießen musst. Es ist nämlich okay, die Sonne auch mal auszusperren! Ein Dauerzustand sollte daraus zwar nicht werden, aber es ist vollkommen in Ordnung, das schöne Wetter guten Gewissens einfach mal schönes Wetter sein zu lassen, ohne dem Zwang zu unterliegen, es „ausnutzen“ zu müssen.
Wie du siehst, gibt es eine Reihe an Dingen, die du tun kannst, um den Sommer positiver zu gestalten! Nimm das Ruder in die Hand und fang an, die heißen Monate nach deinen Vorstellungen zu gestalten. Du kannst nämlich viel mehr bewegen, als du glaubst! Und damit du den trügerischen Eindruck loswirst, mit deinen Zweifeln & Sorgen allein zu sein, findest du hier eine thematisch passende Podcast-Folge. Die liebe Juliane vom Hungry hearts Podcast hat nämlich genau dieses Thema wirklich ganz toll aufgegriffen. Reinhören lohnt sich!
Hinweis: Die im Artikel beschriebenen Hilfestellungen beziehen sich auf eine milde Form der saisonalen Verstimmung. Solltest du unter einer schwerwiegenden Depression leiden, hol bitte den fachlichen Rat eines Arztes oder Psychologen ein.
Ist der Sommer deine Lieblingsjahreszeit oder treiben dich die heißen Monate auch regelmäßig an den Rand der Verzweiflung? Ich bin gespannt, was du zu berichten hast. Unten in den Kommentaren findest du Platz für deine Gedanken zu diesem Thema.
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Du hast mir grad so aus dem Herzen gesprochen… Danke!! Denke machmal ich bin nicht normal, wenn ich mich im Sommer bei schönem Wetter in meine 4 Wände verkrieche. Dazu das ständige Gefühl was zu verpassen…
Ich mach’s jetzt so: ab und zu soziale Aktivitäten einplanen, dann wieder bewusst alleine geniessen oder auch mal zurückziehen. Ich brauch das einfach.
Das klingt super liebe Katja! Ich finde es wirklich wichtig, dass wir das Bedürfnis „auch mal drinnen zu sein“ im Sommer erkennen & annehmen, anstatt uns permanent deswegen ein schlechtes Gewissen einzureden.
xoxoxo
Franzi